Dülmen, 08.12.22

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

 

ich bin froh, dass wir nach 2 Jahren der Pandemiemaßnahmen endlich wieder zu einem normalen Leben zurückkehren können. Dazu gehört für mich zweifelsohne die intensive Aussprache in den Ausschüssen mit vielen Wortbeiträgen und nicht zuletzt die Haushaltsreden als Generaldebatte.

 

In diesem Jahr möchte ich ausdrücklich erwähnen, dass ich das Diskussionsklima deutlich angenehmer empfunden habe, als in den Jahren zuvor. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang für intensiven Beratungen aller beteiligten Politikerkollegen bedanken, auch wenn es nicht immer zu den inhaltlichen Entscheidungen geführt hat, die sich die Liberalen in Dülmen gewünscht hätten.

 

Es gibt sicherlich einen Job in Dülmen, mit dem ich nicht tauschen möchte, lieber Herr Bürgermeister, lieber Carsten, nämlich Deiner. Noch nie war der Schuldenberg höher, noch nie die Herausforderung größer. Noch nie war der Bürgermeisterjob so sehr der eines „Mangelverwalters“, wie diesmal. Ich sehe auch, dass ein großer Teil strukturell bedingt ist. Das tolle Wort „Konnexität“ –findet auch nach über 20 Jahren keine Anwendung. Das ist vor allem zum Leid der Kommunen. Die schlechtesten Beispiele sind die fehlenden Übernahmen der Flüchtlingskosten oder die der archäologischen Ausgrabungen.

 

Ich begrüße ausdrücklich, dass Du einen Haushalt ohne Steuererhöhungen eingebracht hast. Dass dir dann ausgerechnet Deine eigene Fraktion bei dieser wichtigen Zielsetzung in den Rücken fällt, ist schon heftig. Und während die „Dülmener Sozialdemokratie“ nun endlich ihre Position nach der letzten Wahl gefunden hat – nämlich in der Opposition, sind die Grünen immer noch auf der Suche danach. (*) Für ein paar ideologische grüne Brotkrumen lassen diese sich sogar vor den Karren von Steuererhöhungen spannen, ohne auch nur einen einzigen echten Antrag zur Minderung der kommunalen Schulden beizutragen. Liebe Schwarze und Grüne, das ist keine besondere Leistung die Sie in diesem Jahr in den Haushalt haben einfließen lassen.

Die zuvor angesprochenen strukturellen Defizite, die durch die Bundes- und Landespolitik verursacht werden, sind die eine Seite. Es gibt aber auch eine andere Seite, auf die die lokale Politik und die Stadtverwaltung Einfluss haben.

Fangen wir mit der größten Position für die nächsten Jahre an. Denn was soll das Herumdoktern um Kleinstbeträge, anstatt den größten Kostenbaustein der nächsten Jahre ins Auge zu fassen. Das Campusprojekt wird nach Ihrer Auffassung 50 Mio. Euro, nach unserer Auffassung 100 Mio. Euro kosten. Wir werden in ein paar Jahren sehen, welche Berechnung wirklich valide war. Wenn Sie aber den Re-Invest in die alten Gebäude nicht einrechnen und auch nicht den tatsächlichen Wert des Baugrundstücks, dann hat Ihre Kalkulation bereits jetzt jede Form von „seriös“ verloren.

 

Daher hat die FDP beantragt die Planungskosten von 500.000 Euro zu streichen. Das Argument dafür hat der Herr Bürgermeister in seiner Haushaltsrede selbst gebracht, ich zitiere: „Welche Standards können und wollen wir uns noch leisten? Es gibt keinen Spielraum für neue Großprojekte.“

 

Die Worte teile ich und finde sie überzeugend, denn die Zeche dafür werden die nächsten Generationen zahlen. Und ausgerechnet die Parteien, die das befürworten, wollen sich nachhaltig nennen. Das Handeln der Verwaltung und Politik orientiert sich leider nicht daran, denn Worte und Taten klaffen weit auseinander.

 

In diesem Zusammenhang eine generelle Überprüfung des Haushalts zu fordern, wie die SPD es in diesem Jahr getan hat – und im Grunde genommen die FDP im letzten Jahrzehnt schon gefordert hat, ist ausdrücklich zu begrüßen. Bevor nämlich an der Steuerschraube gedreht wird, die gerade mal 800.000 Euro für die Grundsteuer bringt, wären flächendeckende Einsparungen im Verwaltungsbereich von 3 % gleich 5 Mio. Euro. Vor diesem Hintergrund auch die freiwilligen Leistungen besonders zu überprüfen, wäre mehr als wünschenswert. Ja auch der Gedanke in die freiwillige Haushaltssicherung zu gehen, sollte in Erwägung gezogen werden. Denn natürlich ist es schwierig, wenn sich eine Verwaltung selbst kürzen soll. Steuererhöhungen ohne die angedeuteten Schritte, halten die Liberalen in Dülmen jedenfalls für nicht vertretbar.

 

Die Umweltpolitik hat in den letzten Jahren mehr Berücksichtigung gefunden und das ist gut so. Der Ukrainekonflikt hat noch einmal gezeigt, wohin eine einseitige Abhängigkeit in Sachen Energie führen kann. Und trotzdem setzen die lokalen Grünen wieder alles einseitig auf eine Karte:  PV und Wärmepumpen, obwohl im Winter so gut wie kein Sonnenertrag entsteht, wird weiter an der Propagandaschraube gedreht. Holz verbrennen ist ja bekanntlich böse, da entsteht ja Rauch – dass Holz aber auch eine der wenigen Formen von gespeicherter Sonnenenergie ist, wird völlig ausgeblendet und passt nicht in die grüne Ideologie, die die CDU und die schwarz gesteuerte Verwaltung immer mehr annehmen, um sich im grünen Popularitätsmäntelchen zu präsentieren.

 

Die Schandtaten die bei der Rohstoffgewinnung von E-Autos gemacht werden, werden aber auch ausgeblendet, ja es wird sogar gnadenlos gefordert, NUR noch E-Autos zu fahren getreu dem Motto: Wenn hinten kein Rauch rauskommt, dann ist es CO2-Neutral.

 

In solch eine Maßnahme reiht sich auch der langjährige grüne Wunsch ein, einen Papiertiger zur CO2-Prüfung aller TOPs zu schaffen. Eine CO2 Überprüfung dieses Schrittes wurde aber vorher nicht gemacht. Also auch hier wieder mehr Bürokratie für wenig Nutzen. Letztlich wird diese „CO2-Ampel keine echte Aussagekraft haben. Hier kann man am Ende so die Kreuze setzen, dass es passt, es wird viel Arbeitskraft binden, es werden oberflächliche Abwägungskriterien geschaffen, die durch gesunden Menschenverstand letztlich jedes Ratsmitglied selbst treffen könnte oder sollte. Wissen Sie eigentlich, welchem Bereich ursächlich 40 % CO2 zuzuschreiben sind? Der Baubranche. Daher kann ich Ihnen schon jetzt das Ergebnis des CO2-Checks zum Campus vorhersagen: „Rot“ = unökologisch, darf also nicht gebaut werden.

 

Das bringt uns zur Definition „Klimaneutralität“. In diesem Zusammenhang reden wir von einer sogenannten bilanziellen Neutralität. 80 % des Ertrags einer jeden PV-Anlage ist in den 6 Sommermonaten April-September zu erwarten. Der Stromverbrauch ist in der Dunkelflaute der 6 Wintermonate aber viel höher. Ertrag und Verbrauch driften also diametral auseinander. Vor allem dann, wenn wie propagiert Wärmepumpen ein Haus im Winter mit Wärme versorgen sollen.

 

Das bringt uns wiederum zum FDP-Antrag, die Solarthermie zu fördern. Eines muss jedem klar sein, der ernsthaft Umwelt- und Klimapolitik betreiben möchte: Man muss alle Maßnahmen auf eine breite Basis stellen. Nur eine breite Streuung wird eine echte Klimaneutralität ermöglichen. Alles andere ist nur Augenwischerei und Gewissenberuhigung. Die bilanzielle Klimaneutralität schafft am Ende nur eine 30-70prozentige echte Klimaneutralität.

 

Die FDP bedauert, dass der Antrag zum Masterplan LH Tor auf unbestimmte Zeit verschoben werden soll. Hier wird eine Chance vertan, einen echten Platzcharakter vor dem wohl wichtigsten innerstädtischen Wahrzeichen zu schaffen. Auch der Königsplatz wartet weiter darauf, aus seinem Dornröschenschlaf zu erwachen. Ein paar Blumenkübel und Betonpylonen waren noch nicht der große Wurf. Anstatt hier Engagement in die Entwicklung zu stecken, wird lieber ein „Stadtterrassenexperiment“ aufgegriffen, bei dem nun an stark befahrenen Straßen auf Parkplätzen Bänke gestellt werden. Anstatt die Menschen auf zentrale verkehrsberuhigte Plätze einzuladen, soll man sich an die am stärksten befahrenen Straßen setzen.

 

Etwas verkehrte Welt, oder? Getoppt wird das höchstens dadurch, dass die in den letzten 30 Jahren geschaffenen Radwege nur noch „Angebote“ sind und alle Radfahrer stattdessen eingeladen werden, quasi als menschliche Autobremsen nun wieder auf der Straße zu fahren.

 

 Ebenfalls im Sande verlaufen ist der vor Jahren gestellte und einstimmig angenommene Antrag zur Schaffung einer Allee als touristische Attraktion und ökologische Kompensation: Begründung lapidar: „Verwaltung habe keine passende Straße gefunden.“ Ziemlich einfach macht es sich da die Verwaltung, wie übrigens bei allen Anträgen, die gestellt worden sind. Entgegen der Haushaltsvorbereitungen der letzten Jahre gab es zu diesen gar keine Vorlagen und schriftlichen Einschätzungen der Verwaltung mehr. Vielleicht weil das Ergebnis verwaltungsintern schon feststand? Wenn dem so ist, wäre das doch demokratisch sehr bedenklich.

 

Im nächsten Jahr wünscht sich die liberale Fraktion mehr Transparenz bei der Umsetzung und Finanzierung des Gebäudemanagementkonzepts. Die FDP begrüßt ausdrücklich die Sicherung und Sanierung der Grundschulen in den Ortsteilen, wie z.B. in Hiddingsel. Parallel dazu sollte aber auch der demografische Aspekt beachtet werden, indem das Leben junger Familien in den Ortsteilen erleichtert wird. So wurde z. B. in Hiddingsel ein großes Grundstück nicht der Wohnbebauung, sondern der Gewerbeansiedlung zugeführt. Das Ergebnis ist, dass mit 17 Schulanmeldungen die Untergrenze von 15 Kindern nur kritisch eigehalten wird.

 

Zum Ende lässt sich zusammenfassend sagen, dass sich die Verwaltung nach wie vor in einem personellen „Aufblähmodus“ befindet. Das Defizit war so hoch wie noch nie, der Schuldenberg ist so hoch wie noch nie, die Steuern werden so hoch wie noch nie sein und die angesprochenen Projekte weisen in der Summe eine falsche Akzentuierung auf. Die FDP lehnt daher den Haushalt in Gänze ab.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Trotzdem alledem ein angenehmes Weihnachtsfest und ein besseres Jahr 2023 – als es die drei letzten waren.