Wahlnachlese Bürgermeisterwahl 2015
Zum ersten und letzten Mal wurden die Bürgermeister und Landräte in NRW an einem losgelösten Termin separat gewählt. Die einen meinen es hätte Vorteile, die anderen meinen, es wäre nachteilig. Aber fangen wir anders an:
Herzlichen Glückwunsch Frau Stremlau! Mit so einem fulminanten Ergebnisse hatte keiner gerechnet! Über 71 % der Dülmener hatten für sie gestimmt und das bei einer Wahlbeteiligung von über 50 %. Hut ab!
Ganz bewusst trat Frau Stremlau als „Parteilose“ an, vermutlich in der Hoffnung, dass CDU nahe Wähler sie eher wählen würden. Im Nachhinein hatte sie das gar nicht nötig. Der Sieg wäre auch so nicht gefährdet gewesen. Ich glaube fest, dass der Wahlkampf vom Herausforderer gut geführt wurde. Hört man sich aber die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger an, dann hatte Herr Leushacke schon vorher verloren. Als Baudezernent, so scheint es, hat er vermutlich doch zu vielen „gefühlt auf die Füße getreten“.
Ob das eine sachlich vernünftige Argumentation ist, lasse ich mal dahingestellt. Ich habe Herrn Leushacke in den letzten Monaten persönlich kennen und schätzen gelernt. Seine beruflichen Kompetenzen habe ich bereits im Vorfeld nicht in Frage gestellt. Sonst hätte sich die FDP nicht für eine Unterstützung ausgesprochen. Aber das war alles nicht entscheidend für den Wahlausgang.
Manchmal hatte ich das Gefühl, es war eine Art „Big Brother-Rauswurfwahl“ oder „Dülmens next Top Model Voting – Heute gibt es leider kein Foto für Dich“. Denn um Inhalte ging es leider gar nicht mehr. Das ist eine Fortsetzung der Wahlkampfführung, die sich bereits im letzten Jahr zur Ratswahl angedeutet hatte. Keiner hat mehr einen „Arsch in der Hose“, um sich auch mal zu klaren Positionen zu bekennen. Problem dabei: Wer das tut riskiert es Fehler zu machen und wer das tut, wird nicht gewählt. Vor 20 Jahren wäre eine Wahl ohne Inhalte undenkbar gewesen.
Zum einen hat die CDU-Fraktion die SPD-Bürgermeisterin durch ihren Kuschelkurs der letzten fünf Jahren erst hoffähig gemacht. Letztlich ist der CDU-Kandidat aber auch an seiner eigenen Partei gescheitert. Hinter den Kulissen hat man gehört, dass die eigenen CDU-Mitglieder nicht hinter ihrem Kandidaten standen. Da hat die Kreis – CDU es doch sehr geschickt gemacht mit einem offenen Schlagabtausch und mehreren guten Kandidaten für die Landratswahl. Und so auch das Ergebnis: Während rund 58 % der Dülmener einen CDU-Landrat gewählt haben, haben nur rund 28 % den CDU-Bürgermeister gewählt. Sie haben sich also ganz bewusst für den einen und gegen den anderen entschieden.
Es hieß bis zum Wahltage: „Die CDU kann auch einen „schwarzen Besen“ aufstellen, der würde auch gewählt werden. Diese Phase ist vorbei, das muss man ganz klar sagen. Diejenigen, die zur Wahl gegangen sind, haben sich ganz bewusst für oder gegen eine Persönlichkeit entschieden.
Landesweit betrachtet gibt es Parallelen. Die Parteibindung sinkt und immer mehr Unabhängige Chefs ziehen in die Rathäuser ein. Na das ist doch, trotz gesunkener Wahlbeteiligung landesweit ein Gewinn für die Demokratie. Und liebe Nichtwähler, wenn Sie keine Lust haben zu wählen, ist das ihr gutes liberales Recht. Ich finde es zwar schade, aber auch das gehört zu einer Demokratie. Und bevor man irgendeinen Mist wählt, weil man sich nicht auskennt oder für etwas nicht interessiert, so ist es doch auch respektabel, nicht zu wählen.
Frauen an die Macht
Die FDP hat vor allem aus zwei Gründen keinen Kandidaten in die Wahl geschickt. Zum einen war man damals davon überzeugt, dass die Wähler argumentierten, „die Kleinen haben eh keine Chance!“. Also wählen sie die Kandidaten der Großparteien und dafür ist der Aufwand einer Kandidatur das alles nicht wert. Zum anderen fehlte jemand aus Dülmen in der FDP, der auch beruflich Vorerfahrungen im Verwaltungsbereich hat. Die FDP hat deshalb den CDU-Kandidaten moralisch unterstützt.
Das scheint für die Zukunft unwichtig zu sein, denn mit Frau Stremlau ist erneut eine Person gewählt worden, die nicht in diesem Job groß geworden ist. Kann man eine Verwaltung mit rund 400 Angestellten führen, ohne speziell ausgebildet worden zu sein?
Werfen wir einen Blick über den Tellerrand nach Steinfurt, wo es tatsächlich eine FDP-Kandidatin zur Bürgermeisterin geschafft hat! Frau Claudia Bögel-Hoyer wurde mit so großer Überraschung und deutlicher Mehrheit gewählt, dass der amtierende CDU-Mann nicht wusste, wie es für ihn beruflich nach der Wahl weiter geht. Auch sie hat nicht die von uns damals angedachten beruflichen Vorerfahrungen.
Frauen an die Macht! Ich persönlich schätze Frauen in der Politik wegen ihres höheren Maßes an Kompromissbereitschaft sehr. Es zeigt aber auch, dass sämtliche Quotendiskussionen überflüssig geworden sind. Beide erwähnten Kandidatinnen haben es mit einem besonderen Charme geschafft zu überzeugen. Ich freue mich schon jetzt auf den Besuch bei der FDP-Kandidatin im Januar.
Während der Herr Landrat Püning mit 68 Jahren nun in seinen wohlverdienten Ruhestand geht, tritt Frau Stremlau mit 66 eine weitere Wahlperiode an, obwohl sie eigentlich mit 61 schon aus dem Schuldienst ausscheiden und in den Ruhestand gehen wollte. Ich hoffe und wünsche ihr, dass Sie in den kommenden Jahren gesundheitlich und mental durchhält. Denn eine vorzeitige Neuwahl wegen eines Abschieds in den Ruhestand fände ich dem Wähler gegenüber nicht sehr ehrlich.
Was ändert sich?
Nichts. Die Mehrheit im Rat bleibt deutlich bei der CDU. Der Kuschelkurs zwischen Frau Stremlau und der CDU wird ebenso weitergehen – wie anders sollte die Mehrheitsfraktion und die Bürgermeisterin sonst zusammen arbeiten? Und der Wähler hat es sich ja auch so gewünscht.
Die SPD allerdings verliert ein Mandat im Rathaus. Warum? Nun, Frau Stremlau war in der letzten Periode ja als SPD-Mitglied im Rat. Jetzt ist sie unabhängig und wird vermutlich noch seltener mit ihrer alten Fraktion gleicher Meinung sein. Nicht ohne Grund hatte die FDP Frau Stremlau in der Vergangenheit bereits als CDU-Frau bezeichnet. Mal so gesponnen… was wäre gewesen, wenn die CDU Frau Stremlau aufgestellt hätte?